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Marcus Haas

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Archimedes und der Eimer

Archimedes saß in den Hügeln um Athen auf einen Plastikeimer, und beobachtete, Leukippos und Demokritos wie die beiden über das Atom diskutierten, ihn. Selbst interessierten derlei Spitzfindigkeiten kaum, er war an mehr praktischen Auseinandersetzungen interessiert.

Eigentlich war Archimedes von seiner Frau geschickt worden Wasser zu holen, aber die Menschentraube um den tiefen Brunnen hatte ihn zurückschrecken lassen, jeder würde ihn nur fragen, was es mit dem Auftrieb des Wassers auf sich hatte, und warum die Boote nicht untergingen.

Während Demokritos also Leukippos etwas von der Unteilbarkeit von winzigen Materiebrocken erzählte, grübelte Archimedes über ein ganz anderes Problem. Er saß hier auf einem Fünflitereimer, und hantierte mit einem Stein, welcher wohl fünf Kilo wiegen mochte.

Wenn er nun den Stein in den Eimer packen würde, würde dieser dann untergehen?

Archimedes überlegte lang und scharf, und seine Frau würde sich bestimmt keine Sorgen um ihn machen, wenn man einen Denker heiratete, so musste man schon mal damit rechnen, dass dieser einen Nachmittag, selbst einen so schönen, wie diesen auf einem Eimer hockend zubrachte und einfach nur dachte. Und würde die Welt um ihn vergehen, er würde nicht stoppen, als bis er das Problem gelöst hätte.

"Ein Körper schwimmt an der Wasseroberfläche,"

dachte Archimedes. "Wenn seine Dichte geringer ist als die des Wassers, da er in diesem Falle bei völligem Eintauchen in das feuchte Element Wasser von mehr Gewicht verdrängen müsste, als er selber wiegt. Der Körper wird also nur soweit in das Wasser eintauchen bis sein eigenes Gewicht im Gleichgewicht ist mit dem Gewicht des Wassers, das er verdrängt."

"Der Eimer wiegt idealer Weise gar nichts, und besitzt eine unendlich dünne Wand." Murmelte Archimedes, und war froh, dass er den Plastikeimer mitgenommen hatte, und nicht einen der schweren Tonkrüge. Geflissentlich überhörte Archimedes den Aufschrei Demokritos, welcher wohl noch nie etwas von physikalischen Näherungen gehört hatte.

"Wenn ich aber nun den schweren Stein hineintue, dann ist der Eimer genau so schwer wie die fünf Liter Wasser, welche mein Eimer verdrängt, und dann taucht der Eimer gerade bis zu seiner Oberkante in den See."

Aber dieses einfache Problem zu lösen befriedigte den großen Denker nicht, es musste doch noch eine größere Herausforderung für diesen Nachmittag geben.

"Was passierst, wenn ich den Stein an einem Seil unter den Eimer hänge?" Fragt sich der kluge Mann heimtückisch.

"Dann hänge doch nach wie vor fünf Kilo Gewicht in den See, sollte die Situation da nicht gleich bleiben?" Archimedes grinste, eine gefährliche Suggestivfrage, wie leicht wäre es, einfach mit Ja zu antworten.

"NEIN, ich darf nicht vergessen, dass der Stein, der im Wasser hängt in dieser neuen Situation ebenfalls Wasser verdrängt, und zwar eben so viele Kilo, wie sein Volumen in Litern ausmacht. Dieser Auftrieb lässt den Eimer aufsteigen, und zwar gerade soweit, bis das Äquivalent zum Volumen des Steins über dem Spiegel des Sees steht."

Das Gewicht des Eimer-Stein-Systems im Wasser ist um den Auftrieb des Steins reduziert."

Archimedes schaute sich den Stein genau an, und legte fest, dass sein Volumen 1,5 Liter betragen sollte. Archimedes war wie schon erwähnt ein Denker, er machte sich nicht viel aus tatsächlichen Experimenten, dabei hätte er sich schließlich seinen Chitons Nass machen können.

"Nur noch ein kleines Problem." Dachte sich Archimedes, als die Sonne schon die höchsten Wipfel der Bäume auf den höchsten Hügeln zu berühren begann.

"Wenn ich nun den Eimer mit Wasser fülle, den Stein daran binde, und das System auf fünf Meter Tiefe sinken lasse, wie viel Luft muss dann

maximal in den Eimer, damit er wieder nach oben steigt?"

Das war eine harte Nuss, selbst für einen klugen Mann wie Archimedes, hingen jetzt nicht zehn Kilo unter Wasser.

"Ja, da hängen zehn Kilo unter Wasser, aber die fünf Liter Wasser im Eimer verdrängen auch ebenso viel, und sind deshalb auftriebsneutral. Bleibt der Stein, er wiegt ebenfalls fünf Kilo, verdrängt aber nur anderthalb Liter Wasser. Daraus schließe ich, dass ich 3,5 Liter Luft in den Eimer packen muss, damit er aufsteigt."

Archimedes war glücklich mit sich und der Welt, alles in bester Ordnung, Archimedes schnappte sich den Eimer und machte sich auf den Heimweg, ganz vergessen hatte er das Wasser, das er mitbringen sollte.

P.S.: Archimedes und Demokritos waren keine Zeitgenossen, aber was soll´s, sie kannten auch noch keine Plastikeimer.